KAFKA
AM SPRACHRAND

// Drahtseilakt für 4 hoffnungsvoll
überforderte Clowns //


mit: Corinna Heidepriem, Dominik Bender,
Wolfgang Fliege und Karol Golebiowski

Regie & Fassung: Dominik Bender / Anke Schäfer
Bühne & Kostüme: Isolde Wittke
Licht: Urs Hildbrand

Koproduktion mit Theater Thikwa

Premiere am 27. November 2008 im F40

 

Das „Experiment im Sprachlabyrinth“, in das der ebenso scharfsinnige wie empathiebegabte Regisseur und mitagierende Spiel(ver)führer Dominik Bender die Darsteller von Thikwa und die Zuschauenden verwickelt, darf als Leuchtfeuer in dem seit mehr als 100 Jahren brodelnden Meer der Kafkaexegese gefeiert werden. Denn dieser „Drahtseilakt für vier hoffnungsvoll (!) überforderte Schauspieler“ überschreitet auf vielfältige Weise Sprach- und Wahrnehmungsgrenzen, erschafft Zwischenwelten und –gestalten, die Kafkas oft groteske Prosaminiaturen kongenial und mit bizarrer Komik erhellen.
Diese Co-Produktion zwischen dem THEATER ZUM WESTLICHEN STADTHIRSCHEN und THIKWA ist eine Versuchsanordnung von Grenzgängern jenseits des Literarischen Quartetts und subventionierten Staatstheaters. Ideenreich von Anke Mo Schäfer und Dominik Bender choreographiert, ist sie in ihrer Untertreibung das Jemandwerden von Lauter Niemand: der „behinderten“ Akteure zu Laut- und Sinngebenden in all ihrer Widersprüchlichkeit - der verrätselten, (Tier-)Gestalten von Kafka zu nicht eben glücklichen Mitgeschöpfen. Dies alles als paradoxe, ja bitterböse Botschaften, jedoch in der Schwebe gehalten durch die Fülle nonverbaler Intermezzi und das dem epischen Theater verwandte dramaturgische Vorgehen: Wir erleben die anders begabten Schauspieler beim Probieren und in der Komik des Misslingens. Als Klang- und Resonanz-Körper, die den verstörenden Texten Gestalt und Ton verleihen.
Im Entrée, wenn die Vierergruppe ihr Selbstverständnis formuliert (eine verschworene Gemeinschaft, die einen Fünften nicht duldet) ist das Ausgeschlossensein, der vergebliche Kampf um Zugehörigkeit Thema. Die Akteure beziehen (ihre) Position hinter einer minimalistisch mit einer Stuhlreihe ausgestatteten Bühne. Dabei agieren neben Dominik Bender, dem Impuls- und Textgeber, Karol Golebiowski in seinem eigenen Esperanto, der Assoziationsakrobat Wolfgang Fliege und die energische Corinna Heidepriem, die das Publikum mit dem Ausruf willkommen heißt „Die Tür ist zu!“.
Das so erzeugte Gefühl, in einer Falle zu sitzen, stimmt ein auf andere Empfindungen, die die mit subtiler innerer Logik von Anke Mo Schäfer versammelten Kafkatexte evozieren. Etwa, einem nie erfüllbaren Wunsch nachzujagen, als unkonformer Mensch zu scheitern, einer existentiellen Zurückweisung oder Bedrohung ausgesetzt oder in seiner (künstlerischen) Einzigartigkeit nicht anerkannt zu sein wie in Kleine Fabel, Vor dem Gesetz, Der Geier und Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse.
Tanz, Luftgitarrenspiel und Dumb Shows machen die Darsteller am „Sprachrand“ sicht- und hörbar und erhellen die Botschaften des Autors ebenso wie das fingierte Kafka-Symposium, bei dem Karol Golebiowski in eigenwilliger Lautierung den verschollenen Text „Der Hochsitz“ vorträgt. Die hier agierende Expertenrunde kann Kafkaexegeten wahrlich in Verlegenheit bringen.
Die Mäuse - bei Kafka neben der Dohle, die das tschechische Äquivalent seines Namens ist und manches mit dem hier heftig vorgetragenen Der Geier gemein hat - kommen als Manna vom Bühnenhimmel, werden verzehrt und so erledigt: Josefine, die als Sängerin und Diva letztlich scheitert, kann auch ihr mäusisches Fiepen nicht retten.
Tiere scheinen die besseren Menschen zu sein, wie im Bericht für eine Akademie und in Kreuzung, in dem Kafka eine von seinem Vater geerbte Kreatur, halb Lamm, halb Katze, vorstellt. Wenn sich die Akteure hechelnd, fauchend und fiepend an den vortragenden Bender und aneinander schmiegen, hat diese Kreatur zumindest im lebenden Bild einen Hort gefunden.
Ob allerdings das THEATER ZUM WESTLICHEN STADTHIRSCHEN ein Hort für unkonventionelle Theaterarbeit bleiben kann, ist ungewiss. Ihm wurden zum ersten Mal seit 27 Jahren keine Fördermittel mehr zuteil.
Christiane Frettlöh, 2009

WEIL MORGEN GESTERN WAR
// Was will jeder werden aber keiner sein? //

mit: Maria Gräfe, Hannelore Wüst & Dominik Bender

Regie & Fassung: Anke Mo Schäfer & Dominik Bender
Bühne & Kostüme: Isolde Wittke
Licht: Urs Hildbrand
Medienarbeit: Artefakt Kulturkonzepte

Premiere am 2. Dezember 2007 in der Theaterkapelle

 

Vom Altwerden
„Altsein ist die Zukunft. Die Angst vorm Älterwerden wächst wie die Zahl der Alten.“ Aus dieser Erwägung haben Anke Mo Schäfer und Dominik Bender vom Berliner theater zum westlichen stadthirschen „eine theatrale Bestandsaufnahme aus erzählten Erinnerungen, Gedankenspielen und Momentaufnahmen“ initiiert. Der Abend heißt „Weil morgen gestern war“. Ort der Aufführung ist die Kapelle auf dem Friedhof in der Boxhagener Straße 99, Stadtteil Friedrichshain.
Wo sonst trauernde Menschen sich still von ihren Verstorbenen verabschieden, sitzen jetzt die Zuschauer reihenweise hochgetürmt und schauen aufs weiträumige, sparsam möblierte Parkett. Drei DarstellerInnen, Maria Gräfe (hervorragend, vielseitig), Hannelore Wüst (sympathisch, kompetent) und Dominik Bender (bewährt, professionell), spielen, sprechen, zitieren aus Interviews mit älteren Menschen und jüngeren Freunden vom Theater Thikwa, der Spielervereinigung behinderter Akteure, die stets für überraschende, witzige und aberwitzige Texte gut sind. Prosa von Jean Améry, Friederike Mayröcker und Claudia Wolff fassen die einzelnen Passagen zusammen, erhellen und vertiefen die Aussagen zu den Themen Alter, Krankheit, Sterben, Tod. Die Monologe, Dialoge, Zitate und Sketches werfen Schlaglichter – auch grelle – auf ein Thema, das alle bewegt, auch wenn es zumeist verdrängt wird.
Das ist gewiss kein lustiger Abend, doch die kluge Mischung der Texturen erlaubt sogar Heiterkeit, provoziert dann und wann ein Schmunzeln. Wie so oft bei den Protagonisten vom „stadthirschen“ ist eine gelungene Melange entstanden. Das gescheite Konzept wurde klug umgesetzt, die theatralische Aufbereitung überzeugt. Das Publikum folgt aufmerksam der Gedankenvielfalt zu einem Stoff, dem niemand entrinnen kann. Nur die da draußen in ihren Särgen, Urnen und Gräbern dicht neben der Kapelle haben es hinter sich.
Anne Dessau, Ossietzky

Stück über die Schattenseiten des Älterwerdens
Das Alter kann tragisches Unglück bergen wie Demenz. Es gibt ganz alltägliche Hindernisse. Wenn etwa eine 58-Jährige allein bleibt, weil ihre männlichen Altergenossen nur auf junges Gemüse stehen. Oder, wenn sich jemand zu sehr vor der Vergänglichkeit ängstigt. Wie der 38-Jährige, der paranoid glaubt, Essen lasse die Haut altern. Und dann ist da noch der unausweichliche Tod. Jeden zweiten Dienstag finden in der Friedhofskapelle an der Boxhagener Straße Beerdigungen statt. Umgewidmet zur Theaterkapelle der perfekte Rahmen für eine Betrachtung der eigenen Endlichkeit. Ein schwergewichtiges Sujet, vom Theater zum westlichen Stadthirschen zum 25-jährigen Jubiläum ausgewählt. Anke Mo Schäfer und Dominik Bender haben aus Interviewausschnitten sowie aus Texten von Friederike Mayröcker, Claudia Wolff und Jean Améry ein Stück entwickelt und inszeniert: "Weil morgen gestern war" beleuchtet sehr realitätsbezogen ohne idyllische Verklärung vor allem die negativen Seiten des Alters.
Drei Schauspieler tauschen Erinnerungen und Erfahrungen aus. Maria Gräfe (58) und Bender (50) knüpfen Momentaufnahmen an Gedankensequenzen. Dabei arbeiten sie mit ihren Geschichten regelrecht eine Stichpunkt-Liste ab: Gebrechen, Krankheit, Alzheimer, kranke Eltern, Sterbehilfe, Resignation, junge Alte und ihre neuen Hobbys. Hannelore Wüst (80) wiederum kennt die Grausamkeiten der hohen Jahre und sinniert über den Verlust von geliebten Menschen. Bei allen, die bislang keine Angst vor dem Alter hatten, dürfte sich nach der bedrückenden Collage ein beklemmendes Gefühl einstellen.
Ulrike Borowczyk, Berliner Morgenpost

 

DIE FLIEGER
// Eine Zuneigung mit Textkörper //

mit: Wolfgang Fliege & Dominik Bender

Regie & Fassung: Anke Mo Schäfer & Dominik Bender
Bühne & Kostüme: Isolde Wittke
Licht: Urs Hildbrand

Premiere am 21. Februar 2007 im F40 / Studio

 

Weltenbummler
Die Flieger

Was passiert, wenn ein Flugkapitän, der gar nicht fliegen will, seinem Copiloten, der immer fliegt – egal ob in der Luft, auf dem Boden oder in Gedanken – bis in die Stratosphäre hinterher sausen muss? Dann kommt eine Tour heraus, auf der innerhalb von drei Sätzen auf fünf Assoziationskontinenten zwischengelandet wird und dabei diverse gerammte Wolken vom Himmel plumpsen. Eine Reise, an deren Stationen gegluckst, geschimpft und gesungen wird. Oder auch stur geschwiegen.
Ein richtiges Flugzeug stellen die zwei Stühle im Vordergrund und der riesige Sonnenschirm im Hintergrund sowieso nicht dar. Und die beiden Herren mit den Flugzeugkrawatten haben mit einer Cockpitbesatzung ungefähr soviel gemein wie Philosophen mit Automechanikern. Dominik Bender, der Chefpilot, ist Gründer des Theaters zum westlichen Stadthirschen und hat seinen behinderten Kollegen vom Theater Thikwa schon mit „Das Zarte wird ja immer überdroht“ ein wunderbar poetisches Denkmal gezimmert.
Wolfgang Fliege, der Über-, Unter- und Seitenflieger gehört zu eben jenem Ensemble und entzieht sich schillernd jeder Einordnung. Sänger, Charmeur, unwirscher Meckerer, weiser Alter, er ist alles und wechselt die Stimmungen im Sekundentakt. Aus seinen stetigen Selbstgesprächen bei mehreren Rundgängen durch den Flughafen Tempelhof destillierte Bender den Textkörper, auf den Fliege wiederum reagiert. In jeder Vorstellung neu, in jeder Vorstellung unberechenbar. Und sie begegnen sich wirklich, diese ungleichen Brüder, diese Bruchpiloten – beide Schau-Spieler in ganz verschiedenem Wortsinn. Zwei Clowns auf dem Hochseil, immer absturzgefährdet. Aber wie sie die Dinge des Lebens in absurder Folgerichtigkeit betrachten, das berührt und fasziniert.
Gerd Hartmann, zitty 16/2007

Knoten lösen
ANNE DESSAU – Ossietzky 5/2007

„F40“ heißt jetzt die Spielstätte in der Fidicinstraße 40, Berlin-Kreuzberg. Die Marke vereint das English Theatre Berlin und das Theater Thikwa unter einem Dach. Am Abend der Premiere von „Die Flieger“ hatte das „theater zum westlichen stadthirschen“ Gastrecht im „F 40“. Wie bereits in der Aufführung „Das Zarte wird ja immer überdroht“ (OSSIETZKY 18/2006) waren auch hier Text und Aufführung eine Koproduktion zwischen stadthirschen und Thikwa. „Thikwa“ ist hebräisch, heißt „Knoten“, heißt „etwas ist verknotet“, bedeutet aber auch „Hoffnung, etwas zu lösen“.
Zwei Schauspieler, zwei Welten begegnen uns in diesem Sinne. Dominik Bender, Gründer (1982) und Protagonist des stadthirschen und Wolfgang Fliege, über den es im Pressetext heißt: „ – eines der eigentümlichsten Mitglieder des Theaters Thikwa, als Schauspieler so unberechenbar wie als Persönlichkeit rätselhaft und scheinbar unergründlich. Er ist Dandy, Muffel, Komiker, Dadaist, Musiker und Charmeur gleichermaßen und seine „Behinderung“ ließe sich vielleicht mit der totalen Abwesenheit
jeglichen Argwohns beschreiben.“ Aus den unendlichen Selbstgesprächen Flieges wurde ein Text gefiltert, er ist also nicht nur Akteur, sondern auch Autor des „Textkörpers“. Berührung wird versucht.
Auf der Bühne steht eine Kunstfigur, Dominik Bender, Flugkapitän im Stück und das Naturereignis Wolfgang Fliege, Co-Pilot. (Die notdürftige Rahmenhandlung versetzt den Betrachter in ein Cockpit in zehntausend Metern Flughöhe.) Um Flug und Stück auf Kurs zu halten, muß Dominik Bender sowohl den Flieger wie Fliege, Wolfgang lenken und leiten. Eine Glanzleistung, denn: Naturereignisse sind unberechenbar. Die Balance gelingt, obwohl der burleske Charme von Fliege, seine überraschenden, verdrehten, skurrilen Einfälle Dominik Bender oftmals überrumpeln. In dieser Doppelfunktion: Textintensiver Darsteller plus heimlicher Dirigent seines Partners, leistet Bender Hochartistik.
Motto des Abends das Sprichwort: „Wir sehen die Dinge nicht wie sie sind, sondern wie wir sind“. An diesem Abend sehen wir sie so und so, ganz nah und aus einem Abstand von zehntausend Höhenmetern. Mindestens. Es wird gelacht, geklatscht, man ist verwirrt, das Unmögliches möglich ist, Unvereinbares zusammen geht. So der skurrile, poetische, von Bender eindringlich vorgetragene Text sich verbrüdert mit den spontanen Einwürfen, dem Kichern und Gackern, Rülpsen, Tanzen und Hopsen, dem stillen Strahlen des weisen Mannes Fliege. Es ist die Performance eines weißen Clowns mit seinem
Partner. Doch wer ist Clown, wer der andere?
Die Antwort begegnet mir nach dem schönen Beifall für die Spieler, draußen auf der Straße. Einen Moment stand ich im Gespräch, da trat das Naturereignis Fliege aus dem Torweg, Kopf gesenkt, Tasche unterm Arm, Einspruch murmelnd, unfroh. „Alles vorbei?“, sage ich. Er, ohne aufzuschauen: „Alles vorbei, alles vorbei“ und stapft im Nieselregen über die Straße, hin zur U-Bahn. Drinnen im Haus wird gefeiert. Das sind so Momente. Voller Wahrheit. Ungeschönt schön. Tieftraurig.
Wie dieser Abend.


DAS MÄDCHEN

nach dem Roman "Das Mädchen, das die Streichhölzer zu sehr liebte" von Gaétan Soucy


mit: Angela Böhmer, Cathrin Romeis, Dominik Bender, Peter Pankow, Ernst Surberg und Markus Wechsler

Regie & Fassung: Erick Aufderheyde
Bühne & Kostüme: Isolde Wittke
Dramaturgie: Anke Mo Schäfer
Licht: Urs Hildbrand
Musik: Ernst Surberg
Produktionsleitung: Dominik Bender
Medienarbeit: Artefakt Kulturkonzepte

Premiere am 16. Februar 2006 im TACHELES, „Goldener Saal“

GRENZGÄNGER
Im „Goldenen Saal“ des TACHELES in Berlin gastierte wieder einmal das „theater zum westlichen stadthirschen“. Der von den Zeitläufen zerfledderte Saal ist ideale Kulisse für die Bühnenfassung der literarischen Vorlage von „DAS MÄDCHEN“. Unwirtliches Umfeld, verstörender Text, eigenwilliger Aufführungsstil, „kollektives theatrales Erzählen“ genannt.
Sechs Darsteller kommen auf die Bühne, stehen, gehen auf und ab. Grenzgänger zwischen Traum und Wirklichkeit, berichten sie die irritierende, schwer fassbare Geschichte. Vater, Mutter, Schwester tot, durch Erhängen, umgekommen bei einem Brand, ausgelöst durch ein „Mädchen, das die Streichhölzer zu sehr liebte“. So der Titel des Romans von Gaétan Soucy, Montreal, nach dem die Erzählung für die Bühne erarbeitet wurde.
Regisseur Erick Aufderheyde gelingt mit seinen Darstellern ein spannungsreicher Abend, der vermehrte Hirntätigkeit erfordert, die Puzzleteile des Spiels in eine verständliche Ordnung zu bringen. Doch man bleibt verführt, folgt dem Geschehen. Ein Sog entsteht, der auch den eingangs befremdeten Betrachter ins vielschichtige Psychodrama zieht: Rituale der Gewalt, exzentrische Moralvorstellungen, Ausgeliefertsein und Selbstbestimmung, Tod und trotz alledem Lebenskraft.
Mit der Geschichte von denen am Rande, den „borderlinern“ unserer sogenannten zivilisierten Welt, nimmt sich die Theatertruppe um Dominik Bender (seit 1982 leitender „stadthirsch“ und Schauspieler) erneut eines Themas an, das sie bereits in anderen Arbeiten vorgestellt und verteidigt hat. Sie bezeugt die Kraft der Schwachen, deren Reichtum an Fantasie, zwingt zu Innehalten, Atempause im Tageskampf ums Monetäre und andere Werte, beweist ihre unentbehrliche Zugehörigkeit zur menschlichen Spezies.
Das Ensemble arbeitet hochkonzentriert, sehr professionell. Mitwirkende sind: Angela Böhmer, Cathrin Romeis, (die Frauen beeindrucken besonders nachhaltig), Dominik Bender, Peter Pankow, Markus Wechsler, Ernst Surberg.
Die Kopfarbeit hält an nach diesem Abend. Ein selten gewordenes Ereignis
Anne Dessau, Ossietzky 5/2006



MAISON DE SANTÉ

Einladung zur feinen Gesellschaft
nach "Die Methode Dr. Thaer und Prof. Fedders" von Edgar Allan Poe


Koproduktion mit dem Theater Thikwa

mit: Anna Katharina Andrees, Dominik Bender, Patrick von Blume, Heidi Bruck, Jonny Chambilla, Ronny Dollase, Wolfgang Fliege, Torsten Holzapfel, Janette Lange, Almut Lücke-Mündörfer, Vincent Martinez, Peter Pankow, Tim Petersen und Roland Strehlke

Regie: Werner Gerber
Bühne: Isolde Wittke
Kostüme: Ulv Jakobsen
Dramaturgie: Anke Mo Schäfer
Licht: Urs Hildbrand
Konzeptionelle Begleitung: Gerlinde Altenmüller
Produktionsleitung: Klaus Altenmüller & Dominik Bender

Premiere am 22. Januar 2005 im TACHELES, „Goldener Saal“


EINE REISE INS GLÜCK - Vollkommener Abend: "Maison de Santé"
Mildes mediterranes Licht scheint auf den Mauern zu tanzen. Ein Berliner Medizinstudent (Patrick von Blume) und mit ihm die Zuschauer reisen 1830 nach Südfrankreich, um ein modern geführtes Irrenhaus zu besuchen. "Maison de Santé - Einladung zur feinen Gesellschaft" nach einer Erzählung von Edgar Allan Poe spiegelt in einer Koproduktion des "Theaters zum westlichen Stadthirschen" und dem "Theater Thikwa" das übliche Hinterfragen der Zuschreibungen von "irr" und "normal" gleich mehrfach: Schauspieler spielen Verrückte, die "Normale" spielen; Behinderte spielen "Normale", die vielleicht doch verrückt sind. Wo andere Theaterarbeiten dieser Art aufhören, fängt es hier erst an: Was im Tacheles passiert, ist die totale Kunst.
Bevor der Gast die Einrichtung zu sehen bekommt, wird er vom Direktor (Dominik Bender) zum Diner geladen, einem karnevalesken Mahl mit hoher Balladenkunst und ungehobeltem Bänkelsang: "Hier tanzt das einfache Volk mit der feinen Gesellschaft." Der Gast ist das alter ego des Zuschauers, der es ganz genau wissen will - bis er durchdreht. Immer alles schön rauslassen, beruhigt ihn Prinzessin Annabelle (Heidi Bruck). Der Menschen-versteher wird zum medizinischen Fall.
Verwoben mit Texten und Liedern der Spieler, gerät Poes Erzählung in feinere Schwingungen, als soziale Nachdenklichkeit es fassen würde. Von der subtilen Lichtregie über das aufbrandende Stimmenchaos bis hin zu den leisen, vornehmen Dienern (Jonny Chambilla, Ronny Dollase) fällt nichts heraus aus diesem Stück um Freiheit und Kontrolle. Werner Gerbers Regiearbeit und Benders Rolle als autoritär-respektvoller "primus inter pares" bekennen sich nicht wohlfeil zur Souveränität der Behinderten; sie stehen und fallen mit den Denk-Bewegungen aller ihrer Künstler. Dies ist nicht erstaunlich, sondern zutiefst schön: Nicht nur zur Einsicht, daß die Grenzen zwischen "Wahn" und "Sinn" willkürlich sind, nein: zum "Genießen" will der Direktor seinen Gast bewegen.
Der grübelnde Reisende muß es am Ende allein aushalten mit seinen Albträumen; der gestärkte Zuschauer aber, der sich dem Genuß dieser genialen Arbeit anvertraut, erlebt einen Theaterabend vollkommenen Glücks.
Cosima Lutz, Berliner Morgenpost


DAS ZARTE WIRD JA IMMER ÜBERDROHT

eine Montage aus Gesprächen mit Schauspielern des Thikwa-Ensembles

mit: Silvina Buchbauer und Dominik Bender

Dramaturgie: Anke Mo Schäfer
Bühne: Isolde Wittke
Licht: Urs Hildbrand
Texte: Heidi Bruck, Wolfgang Fliege, Cornelia Glowniewski, Torsten Holzapfel, Janette Lange, Vincent Martinez, Martina Nitz, Peter Pankow

Premiere am 15. Oktober 2004 im TACHELES, „Goldener Saal“


Ich sterbe nicht, ich lebe, ich lebe doch für mein Geld - Sagen wir mal so, Berlin ach, Berlin ach, ich möchte ganz gerne, ich finde Berlin, Berlin, da verzweifel ich immer - Ein Geist ist, wenn man ihn nicht sieht - Ich wollte immer schon eine andere Mutti haben, aber ich bekomm die nicht - Als wir mal zusammen waren, da hab ich meine Frau geküsst, das muss man machen, ist aber schwer - Ich weiß nicht, aber jemand hat mit dem Eimer sprechen wollen, und der hat geantwortet - Hunde mag ich nicht, nee, Hunde mag ich nicht, nur Frauen - Wenns den gibt, aber Gott gibt’s ja nicht, der ist ja unsichtbar, das Gesicht möchte ich mal von dem sehen, wie er aussieht, ach der sieht so unsichtbar aus, weiß ja nicht, ob der Ohren hat.

Theater:
Gespräche über Gott, die Welt und die Liebe

Die echten Perlen sind selten im unübersichtlichen Berliner Kulturbetrieb. Aber hier ist so eine. Gefunden in einem zweiten Hinterhof in Kreuzberg. Gemacht von Menschen, von denen man, was für ein Irrtum, das zunächst gar nicht erwartet hätte. "Das Zarte wird ja immer überdroht". heißt diese Entdeckung. Es ist eine Produktion des Theaters zum westlichen Stadthirschen, das im letzten Jahr zusammen mit dem Behinderten-Theater Thikwa das Stück „Maison de Santé“ entwickelte. Bei den Proben kamen die behinderten und die nichtbehinderten Schauspieler ins Gespräch. Man plauderte über Gott und die Welt. Und über noch viel, viel mehr.
Ausschnitte aus diesen Gesprächen bilden das Material für die jetzt gezeigte hochpoetische und anrührende Montage.
Es geht dabei um nicht weniger als alles. Um die Frage, ob Gott Ohren hat und dass man an Berlin schon mal verzweifeln kann. Ach, und die Liebe natürlich: „Liebe ist was Zärtliches, Liebe ist was Angezogenes. Es ist so, als ob so eine Schwemmung dich erfässt. Es kribbelt, es nagt, es ist ein Fluss.“ Das Leben: „Ist ein Geschenk Gottes, aber wenn das Geschenk kaputtgeht, kaputt ist, man kriegt ein kaputtes Geschenk, möchte man es am liebsten zurückgeben.“
Die, die hier das Sagen haben, entwickeln aus ihrer Weitsicht ihre eigene, in sich sehr schlüssige Logik - mit viel Ernst, aber auch verblüffender Komik. Dadaistische Wortkaskaden wechseln mit lyrischer Reinheit. Vor weißer Wand auf zwei Stühlen sitzen die beiden Schauspieler (Silvina Buchbauer und Dominik Bender), die die Texte sprechen. Sie finden den richtigen Tonfall, einen selbstverständlichen, unerschütterlichen und einen, der immer auch ein bisschen Staunen beinhaltet. Über soviel frappierende Klugheit: Was ist das schönste am Leben? „Weiterleben“.
Katrin Pauly, Berliner Morgenpost, 23.7.2006

 

Das Zarte wird ja immer überdroht

Zwei Stühle auf zwei kleinen Podesten, zwei Schauspieler, die nichts weiter tun, als darauf zu sitzen und zu reden, ein paar einfache Lichtwechsel - manchmal braucht die Interpretation der Welt nicht mehr. Diese Welt ist nah und fern zugleich. Denn eine Gedankenkette kann sozusagen vor der Haustür anfangen, sich ein Mal um den Mond winden, um danach auf den Küchenstuhl zu plumpsen. Ganz selbstverständlich. Gespräche mit den geistig behinderten Kollegen des Thikwa-Theaters während der Proben zu einem gemeinsamen Stück bilden das Textmaterial, das Dominik Bender und Silvina Buchbauer vom Theater zum westlichen Stadthirschen zum Schwingen bringen. Was die zu erzählen haben, über Liebe, den Alltag, das Fernsehen und Gott sprüht vor verblüffenden Wendungen, Witz und Weltenklugheit. Karl Valentin trifft Kafka - aber solche Vergleiche taugen für die eigentümliche Poesie dieser Lebens-Erfahrungen nur bedingt. Und ganz nebenbei wird klar, dass geistige Behinderung mit Dummheit gar nichts und mit anderer Wahrnehmung sehr viel zu tun hat. Bender und Buchbauer schlüpfen in keine Rollen. Sie lassen die Texte atmen. Allein, im Zwiegespräch, ganz behutsam. Mal hört sich das an wie ein etwas verrutschtes Frühstücksgespräch, mal wie eine gedanken- und auch sonst trunkene Sinnsuche in der Kneipe nachts um halb vier... Ein ganz großer, kleiner Zuhörabend.
Gerd Hartmann, zitty 15/2006, ***

Das Zarte
Anne Dessau

Gestern war ich endlich dort, im »theater zum westlichen stadthirschen«, Kreuzberg, Fidicinstraße. Premiere war bereits im Jahre 2004: »Das Zarte wird ja immer überdroht«. Das sind Texte aus Gesprächen mit Schauspielern des Thikwa-Ensembles, Behinderten, die sich die Spielstätte mit den Kollegen vom »stadthirschen« teilen. Anke Mo Schäfer und Dominik Bender haben sie interviewt, aus den Gesprächen Miniaturen entwickelt. Zwei Protagonisten des »stadthirschen« tragen sie vor, gestalten sie. Die Botschaft: »... das kreative Potential von Menschen ausloten, die sich a priori nicht als Dichter begreifen, aber mit großer Sensibilität und poetischer Assoziationskraft ungewöhnliche und alles andere als behinderte Ansichten von sich selbst und der Welt entwerfen«.
Das Ergebnis ist eindrucksvoll. Die Klugheit, Schönheit und Kraft der Aussagen bewegt. Die Sprachmächtigkeit, Gewißheiten, ja Weisheiten zu formulieren, eine Lebensphilosophie, löst im Zuhörer ein vielfaches Echo aus. Man staunt, schämt sich auch mancher Leichtfertigkeit des eigenen Urteils, wird beschenkt.
Silvina Buchbauer und Dominik Bender nehmen uns mit auf die schrullige und traurige Gedankenreise von Menschen an den Grenzen der Gesellschaft, Außenseitern, Ausgestoßenen auch, die uns ihre Träume, Ängste, Hoffnungen mitteilen. »Tja. Man möchte eigentlich, es ist ja irgendwie kaputt, und man möchte am liebsten, eigentlich sagt man ja, das Leben ist ein Geschenk Gottes, aber wenn das Geschenk kaputt geht, kaputt ist, man kriegt ein kaputtes Geschenk, möchte man es am liebsten zurückgeben, ja. Manchmal hätte ich Lust, es wieder zurückzugeben, ist ja irgendwie in mir etwas kaputt, fehlt was, was ich nicht geben kann, deswegen will man das Geschenk wieder zurückgeben.«
Wieder einmal bedanke ich mich beim Team des »theaters zum westlichen stadthirschen«, das seit über zwei Jahrzehnten neue und alte Texte erfahrbar für sein Publikum werden läßt. Aber wir waren nur acht Zuschauer. Ich wünschte ihm 800. Besser noch: den ausverkauften Admiralspalast.
Ossietzky 18/2006


GILGAMESCH UND ENKIDU – Theater Bruch Stück
von Andreas Stadler
Koproduktion mit Hans-Otto-Theater Potsdam
und Neues Theater am Bahnhof Dornach

mit: Rula Badeen, Roberto Guerra, Patrick von Blume
& alternierend Georgette Dee, Matthias Habich
und Dominik Bender

Regie/Fassung: Andreas Stadler
Bühne: Isolde Wittke
Kostüme: Marianne Hollenstein
Licht: Urs Hildbrand
Musik: Simon Hostettler
Kampfchoreographie: Nervous Service
British Coach: Ian T. Dickinson
Regieassistenz: Anke Mo Schäfer
Dramaturgie/Produktion: Dominik Bender
PR: Knoll.Partner
Ausstattungsassistenz: Christian Klein
Plakat: Yusuf Etman

Premiere am 9. März 2004 im TACHELES, „Goldener Saal“


„Er ist nicht gerade der Inbegriff eines archaischen Helden, der Darsteller des Gilgamesch Patrick von Blume. Wenn er zu Beginn als arroganter Amateur-Forscher George Smith durch die irakische Wüste stapft – im Tacheles um einen übergroßen schwarzen Holzkubus herum – dann ahnt man kaum, zu welchen Gefühlen dieser Mann fähig ist. In Andreas Stadlers Adaption des ältesten erhaltenen Epos der Menschheit nähern wir uns der großen sinnlichen Freundschaft von Gilgamesch und Enkidu über die Nöte der Archäologen, als wäre es eine jener billigen Filmproduktionen des Abenteuer-Genres aus Schwarzweiß-Zeiten mit slapstickhaften Szenen und Musical-Elementen: englisch mit deutschen Untertiteln. Das ändert sich, wenn im schwarzen Kasten jene Stein gewordene Überlieferung gefunden wird und – unter den Händen zerbricht.
Als Fragment immer wieder überschrieben, immer wieder mit Lücken tradiert, so stellt sich uns jene Geschichte vom Herrscher ohne Maß in der Stadt Uruk Gilgamesch und seinem Gegenüber, dem in der Wildnis aufgewachsenen Enkidu dar, die gemeinsam losziehen, um gegen Dämonen und Stiere zu kämpfen, und die Götter gegen sich aufbringen.
Man merkt, dass Stadler in seiner ersten großen Regiearbeit deutlich als Schauspieler denkt, manchmal mit einer erfrischenden Naivität: Er verdeckt selten ein erklärendes Konzept, den direkten Blick auf die Figuren: Rula Badeen in den deutlich differenzierten Frauenrollen als Mutter Göttin Hure; Roberto Guerra als abergläubischer Archäologen-Diener, dann als Enkidu zunächst halbaffig, später fast bedächtiger Gefährte.
Es gelingt dem Abend, nicht zuletzt durch die sprachliche Stärke der von Raoul Schrott übersetzten Texte, nach einem eher humorigen Beginn den tiefen Ernst zuzulassen: Enkidu stirbt, und mit der Totenklage, zu der Gilgamesch anhebt, zeigt uns von Blume nach und nach den Verfall eines Mannes, der die Welt und die Unterwelt durchwandert, dessen Trauer ohne Maß ist. Doch die Produktion im Tacheles hat sich einen erstaunlichen Schluss einfallen lassen: Am Ende der Welt begegnen wir dem weisen Utnapischti. Er wir abwechselnd von der Diseuse Georgette Dee und dem Charakterschauspieler Matthias Habich dargestellt. Bei der gestrigen Premiere kam Habich wie ein unbeeindruckter Hausmeister, der jetzt endlich das Licht abstellen will, auf die Bühne, zeigte Gilgamesch und uns wie sich Schmerz und Ungerechtigkeit der Welt aushalten lässt. So viel Understatement beim Spielen, als gehöre er gar nicht dazu, das krönte einen Abend, der die Heutigkeit des jahrtausendealten Stoffes eindrücklich unter Beweis stellt.“
Harald Asel, Inforadio des rbb am 10. März 2004

Spaziergang durch die Wüste
Es ist, als spazierten sie in London. Steif und korrekt bis zum letzten Hemdzipfelchen. Der Hobby-Assyrologe George Smith und seine Frau Gertrude schreiten durch Iraks Wüste, begleitet vom Träger Fattuh. Auf der Bühne des Neuen Theaters am Bahnhof in Dornach gehen sie im Kreis, bis sie merken, was sie umkreisen: Einen hölzernen Schrein, in dem sich jene Tonplatten befinden, auf denen der sagenumwobene Gilgamesch seine Geschichte eingeritzt hat.
George, der in seiner überschäumenden Freude die Tonplatte fallen lässt, setzt sie zusammen und versinkt fiebrig in die Geschichte des Gilgamesch. Eine gefährliche Reise durch Zeit, Raum, Geschichte und Mythologie ist es, auf die er sich einlässt, trotz der Warnungen seiner Begleiter, die ihn zurücklassen.
Ausgehend von den Bruchstücken, die George entziffert, taucht die Geschichte von Gilgamesch und seines Gegenspielers Enkidu auf. Im entscheidenden Kampf finden sich die Beiden, gehen eine tiefe Freundschaft ein, bis der Tod sie trennt. Sie bekämpfen Dämonen und erbringen Taten, welche die Götter erzürnen. Daher muss Enkidu sterben und Gilgamesch leben. Er sucht verzweifelt seinen Freund dort, wo der Tod ihn hingeführt hat. Doch Gilgamesch wird zurückgewiesen.
Die Geschichte ist vielschichtig und in der Inszenierung von Andreas Stadler, „Gilgarnesch und Enkidu, Theater Bruch Stück“, packend. Geschickt spielt er mit der Sprache, lässt den Forscher und sein Team Englisch sprechen, um bei der Geschichte Gilgarneschs ins Deutsche zu wechseln. Das Bühnenbild von Isolde Wittke ist schlicht und die Kostüme von Marianne Hollenstein überraschend. All dies verschmilzt mit der Musik von Simon Hostettler, gepaart mit der akzentuierenden Lichtführung von Urs Hildbrand zu einer Einheit, in der Unterhaltung, Humor und Situationskomik mit der tiefgründigen Auseinandersetzung um. Liebe, Tod, Männlichkeit und Weiblichkeit, Natur und Zivilisation kontrastieren.
Jene aber, welche die Theater-Bruchstücke zur packenden Einheit formen sind die hervorragenden Schauspieler Rula Badeen, Patrick von Blume und Roberto Guerra. Das Trio bildet den Kern, zu dem sich ein Gast gesellt. Es schlüpft in verschiedene Rollen, atemberaubend schnell und präzis. Das Spiel der Frau und der beiden Männer ist kompromisslos und glaubwürdig. Es bereitet ihnen Freude, die Bruchstücke aufzulesen und zu neuem Leben zu erwecken. (hrl)
Basellandschaftliche Zeitung, 21.4.2004



SPEECHES - Kampf um das gelobte Land
Koproduktion mit SPEECHES & Künstlerhaus der Katholischen Akademie Berlin

mit: Chun Mei Tan, Walfriede Schmitt, Miriam Goldschmidt, Irm Hermann, Ursula Renneke, Friderikke-Maria Hörbe, Hans Peter Hallwachs, Thomas Fedrowitz, Ernst Pulsfort, Thomas Neumann, Ulrich Matthes, Ernest Lenart, Stephan Korves, Ulrich Hoppe, Dominik Bender, Stephan Lohse

Konzept & Regie: Patrick von Blume
Produktion: Ede Müller
Dramaturgie: Anke Mo Schäfer, Martin Kucera
Raum: Isolde Wittke
Licht: Urs Hildbrand
Ton: Giovanni Nicoletta
Pressearbeit: Janine Gensheimer
Regieassistenz: Christina Schachtschabel
Produktionsassistenz: Alexandra Schweickardt
Websites: Klug-Newmedia, SOG_Visuelle Kommunikation
Premiere am 12. September 2003 in der Parochialkirche, Berlin-Mitte


„Bewusst abgelöst vom historischen Kontext und den Verfassern selbst, standen die Inhalte plötzlich für sich selbst und ermöglichten den Hörern einen ungewohnt freien Zugang. Im direkten Vergleich der Reden frappierte nicht nur die Aktualität jahrtausendalter Zeugnisse der Glaubens- und Grabenkämpfe... Wie sich Vergeltung auf Vergeltung im Lauf der Jahrtausende bis heute türmt, zeigte der Abend in beeindruckender Weise.“
Annette Klotz, Mainzer Rhein Zeitung, 27.9.03


Der Witwer von Venedig
eine Obduktion nach dem Roman von Gabrielle Wittkop (UA)

mit: Emily Behr, Maria Gräfe, Ursula Renneke,
Dominik Bender und Julian Mehne
Regie und Fassung: Agnese Grieco
Bühne: Isolde Wittke  
Kostüme: Gioia Raspé
Licht: Urs Hildbrand  
Musik: Benjamin Rinnert
Dramaturgie / Assistenz: Anke Schäfer
Pressearbeit: ARTEFAKT Kulturkonzepte
Premiere am 30. Mai 2003 im “Goldenen Saal” des TACHELES

„Lange nicht mehr war der Theatersaal des Tacheles so schön ausgeleuchtet wie bei dieser theatralen Reise ins Venedig des späten 18. Jahrhunderts... Mit unbändiger Lust und großer Souveränität nimmt das famose Ensemble des Theaters zum westlichen Stadthirschen das Seziermesser aus der Hand der Autorin, um einer sich selbst überdrüssigen Gesellschaft durch Fleisch und Knochen zu fahren. Eine sehr gediegene Inszenierung.” 
Tom Mustroph, zitty 13/2003


„Eine Aufführung, die empfehlenswert ist. Denn mit allen Sinnen – schmeckt man, riecht man, hört man – den Untergang dieser todgeweihten Gesellschaft.
Werden Sie Opfer dieser dichten Atmosphäre – geschaffen durch eine gute Inszenierung, schauspielerische Leistung und eine hervorragende Klanginstellation. Und jetzt sollten Sie sich beeilen! Gehen Sie ins Theater!“
Dunja Alfermann, radiomitte 92,6

 

 

Jetzt
nach dem Roman von Gabriel Josipovici (UA)

mit: Ricarda Ciontos, Sabine Grabis, Dominik Bender und
Ralf Knicker
Regie und Fassung: Erick Aufderheyde
Bühne: Isolde Wittke
Kostüme: Petra Peters
Licht: Urs Hildbrand
Musik: Frank Gustafson
Regieassistenz: Anke Schäfer
Video: Ursula Maurer
Pressearbeit: ARTEFAKT - Kulturkonzepte
Premiere am 10. September 2002 in der Probebühne der Schaubühne Cuvrystraße


„Die bislang vierte der Literaturdramatisierungen, die Erick Aufderheyde mit dem Rumpfensemble des Theaters zum westlichen Stadthirschen inszeniert hat, ist die mit dem schwärzesten Humor....Aufderheyde hat Erzählstränge isoliert und auf einer sparsamen offenen Bühne Szenen aneinander geschnitten. Er verzichtet auf inszenatorischen Schnickschnack, vertraut dem geschriebenen und von gut aufgelegten Schauspielern gesprochenen Wort.
...In den auf die Spitze getriebenen Verweigerungen und Missverständnissen erkennt man sich selbst, seine Nachbarn und seine Freunde wieder....Stets amüsiert man sich über die vom Leben gezeichneten Figuren und ist ihnen doch nahe.“
Tom Mustroph, Neues Deutschland, 17.9.2002

„Glückwunsch für die kleine Bühne: der Stadthirsch röhrt nun schon zwanzig Jahre....JETZT ist ein kleiner, feiner Theaterabend geworden. Vier Schauspieler/innen spielen drei Generationen einer Familie. Es geht um Distanz- und Beziehungslosigkeit, Be- und Verdrängung, um die Austauschbarkeit ihrer Biographien, Einsamkeit, Sichnichtartikulierenkönnen, vergebliche Sinnsuche. Das ist präzise gearbeitet, und es wird, oh wundervolle Überraschung, hervorragend gesprochen. Das sollte selbstverständlich sein, ist es nicht mehr auf Berlins Bühnen und sei darum ausdrücklich und freudig begrüßt. Diese „Szenen einer Familie“ mit lauter geklonten Verwandten, dem alltäglichen Familienwahnsinn und Dialogen wie Tonschleifen ist reizvoll in Szenen gesetzt....Das Publikum zeigte sich gut unterhalten.“
Anne Dessau, Ossietzky 19/02

 


TROMPETE GALGEN FEUERSTRAHL
nach den "Gesprächen mit Schizophrenen" von Leo Navratil

mit: Dominik Bender
Regie: Hildegard Schroedter
Raum: Isolde Wittke
Licht: Urs Hildbrand
Presse: ARTEFAKT - Kulturkonzepte

Premiere am 10. April 2002 im
THEATER ZERBROCHENE FENSTER


"Es dauert eine Weile, bis die Antworten seltsam klingen, von Geistern die Rede ist, die er gehört hat, von ganz kleinen Göttern und furchterregenden großen Tieren - und wenn er die nachstellt und schließlich in einen Monolog übergeht, die Fragen also ausbleiben, da wird deutlich: Der Mann ist krank, und weiß es auch... Die Welt der Schizophrenie gibt sich nur in kurzen Augenblicken als in sich kohärent zu erkennen - tatsächlich verstehen wir sie nicht. Auch der Autor scheint sie nicht zu verstehen - aber er respektiert sie und legt uns nahe, sie auch zu respektieren. Verkörpert von einem so talentierten und reflektierten Schauspieler fällt das nicht schwer: ein kleiner, später Sieg für die Antipsychiatrie-Bewegung."
Ekkehart Krippendorf, Neues Deutschland, 13.4.02

"Bender benutzt die Sprache wie ein Seziermesser. Sehr konzentriert und sorgfältig schält er Schicht um Schicht aus den Texten heraus, quälende Befindlichkeiten, visionäre Weltvorstellungen, Anwandlungen von heiterer Unbeschwertheit, bis am Ende etwas dasteht, was mit sich ganz allein ist: ein Mensch."
Regine Bruckmann, zitty 9/2002

"Es scheint aber auch auf, dass die alternativen Wirklichkeiten nicht nur faszinierend für den Betrachter, sondern ebenso Ausdruck des Leidens für den Betroffenen sind. Die Theatermacher lesen sie bevorzugt als Dokumente des Wissens, Wahrnehmens und Fühlens, die in den allgemeinen Erkenntnishorizont aufgenommen werden sollten."
Tom Mustroph, die tageszeitung 13.4.02

"Die Inszenierung endet nach 70 Minuten dort, wo sie begonnen hat: im Dunkel. Dazwischen liegt eine spannende Reise in den Grenzbereich von Wahn und Normalität, die den außerordentlichen Ausdrucksreichtum, die tiefen Sehnsüchte und Abgründe der "verborgenen Künstler" einfühlsam ans Licht bringt."
Karin Nungeßer, Ärzte-Zeitung 3.5.2002

"Immer wieder kann man an entlegenen Spielorten in Berlin künstlerische Spitzenereignisse erleben. Dominik Bender (von den westlichen Stadthirschen) spricht 70 Minuten lang Texte von Schizophrenen... voller Wahnvorstellungen und Widersinnigkeiten. "Winzige Tierchen" sieht einer, die ihm in den Körper kriechen, und es sind die Götter, die die Welt geschaffen haben, meint er. Einer will nicht essen und einer auf einer klitzekleinen Trompete spielen. Einer hört "so ein Geräusch am Fußboden" und das ist vielleicht die Großmutter, die sich verabschiedet. Einer schreit Worte heraus und einer hört Sphärenklänge.
Dominik Bender steht vor uns in einem dreiteiligen gepflegten Anzug, wirft sich hin und verkrampft sich, kniet ermattet und verbeugt sich ergeben. Er spricht neun verschiedene Texte, die ineinander übergehen, aber auch deutlich individuelle Persönlichkeiten darstellen. Inszeniert hat das Hildegard Schroedter, eine hoch sensible Aktrice der westlichen Stadthirschen.
Wer in Berlin außerordentliches Theater sehen will, sieht es eher als im Wagner-Zyklus der Staatsoper in diesem Einpersonenstück mit Texten von Schizophrenen."
Joachim Kramarz, THEATER RUNDSCHAU 6/02


JUST IN TIME - rückwärts blau

(Eigenproduktion)
von und mit: Hildegard Schroedter, Dominik Bender,
Johannes Herrschmann
Raum: Isolde Wittke
Licht: Urs Hildbrand
Bar: Friedbert Rupp
Premiere am 9. November 2001


"Ein Denk- und Dialogspiel blättert durch die Zeichen der Zeit und setzt lose Fragen zu einem Kreuzworträtsel ohne Lösungswort zusammen. Wie lang ist lebenslänglich? Und was ist ein Tagedieb? Keine Ahnung. Handlung wird verweigert, das Thema bleibt vage. Womöglich ist dieser lockere Abend ein Entspannungsprogramm in anstrengenden Zeiten. Der Zuschauer darf denken, was er will und ahnt, dass alles irgendwie mit allem zu tun hat."

Dirk Pilz, ZITTY 25/01


 

Der Fürst spricht
nach dem Roman von Jan Peter Bremer

mit: Dominik Bender, Peter Hausmann,
Tessie Tellmann und Uwe Meyer
Regie: Werner Gerber
Bühne: Isolde Wittke
Kostüme: Petra Peters
Licht: Urs Hildbrand
Musik: Bert Wrede
Regieassistenz: Manuela Kelch
Fotos: David Baltzer
Pressearbeit: ARTEFAKT-Kulturkonzepte
Premiere am 13. Juni 2001

"Was auch immer passiert, wird im Stil größter Selbstverständlichkeit gezeigt, ob der neugierige Fürst über die Couch turnt, auf dem Boden kniend in Tränen ausbricht oder dem Verwalter an die Wäsche geht, ob er jemanden in zärtlicher Rührung anschwärmt oder einen Augenblick später cholerisch niederbrüllt. So vermittelt die solide erzählte, formschön reduzierte Aufführung neben der ganz normalen Arroganz der Macht zugleich einen Eindruck davon, was die Willkür der Herrscher bedeuten kann: Alle müssen auf alles gefasst sein - und werden am Schluss doch gelackmeiert. Nicht einmal die Schlossgespenster sind zu beneiden."

Irene Bazinger, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.6.2001

"So wendet sich "Der Fürst spricht" an Herz und Geist - man erschrickt vor allzu deutlichem Despotismus, fühlt die Traurigkeit des Einsamen und die Hoffnung auf besseres und kann sich doch nicht immer einen rechten Reim auf alles machen. Linear erzählte Passagen werden geradezu befallen und durchbrochen von düsteren Einblicken in die verstörte Innenwelt des Fürsten. Geschickte Lichtwechsel in der von Schwarz dominierten Kulisse des Schlosses lassen die eben noch heitere Atmosphäre abgleiten in ein leicht kafkaeskes Intermezzo. Aber auch Leben wird nicht zerdacht, sondern gelebt und gefühlt. Hier setzt das Stück an und trifft das Publikum."

Anne Mrosko, Michael Clemens, eigenart 6/01


Gestern
nach dem Roman von Agota Kristof (UA)

mit: Silvina Buchbauer, Alexandra Madincea, Sterica Theresa Rein,
Dominik Bender, Patrick von Blume und Eric Gradman (Musik)
Regie und Fassung: Erick Aufderheyde
Bühne: Isolde Wittke
Kostüme: Petra Peters
Licht: Urs Hildbrand
Regieassistenz: Manuela Kelch
Fotos: David Baltzer, Corinne Rose
Pressearbeit: ARTEFAKT-Kulturkonzepte
Premiere am 21. Februar 2001

"Kunstvoll schlicht wird die Erkundung von Sprache als Chiffre verküppelter Gefühle zum Zentrum der Aufführung. Der äußere Aufwand – Ausstattung, Licht Requisite – ist gering, die Wirkung frappant. Mal chorisch, mal individuell, pendeln fünf Schauspieler und ein Musiker zwischen berichtendem Erzählen und Spielszenen. Die Übergänge sind fließend, der Abend besticht mit einer Balance von Klarheit der Gedanken und einem Schweben nicht benannter, doch durchweg spürbarer Emotionen. Inszenierung und das Spiel der Akteure sind auf höchstem Niveau. Damit läuft die Off-Bühne manchem Berliner Großtheater den Rang ab.”

Peter Claus, Info-Radio

"Erick Aufderheyde übersetzt Kristofs radikal verknappte Sprache in ein völlig entschlacktes szenisches Vokabular. Damit choreographiert er ein ausgefeiltes Körpersprechspiel von geradezu unheimlicher Dichte, in dem keine Bewegung überflüssig, keine Haltung nebensächlich, kein Ton beiläufig erscheint: Kargheit als Reichtum, Askese als Rausch. Hochkonzentriert und fehlerlos bewältigen die fünf trefflichen Darsteller, in mehreren Rollen eingesetzt, den straffen Spannungsbogen.”

Irene Bazinger, Frankfurter Allgemeine Zeitung